Offener Brief einer Lehrerin an BM Heinisch-Hosek

Ich sehe viele Gefahren in dem neuen Gesetz, daher habe ich folgendes an die Bundesministerin geschrieben:

Sehr geehrte Frau Bundesministerin,

Zuerst das Positive. Ich finde das zweite Kindergartenjahr großartig, da Entwicklungsdefizite früher entdeckt und behandelt werden können.
Ich finde aber auch, dass die Lehrer mehr Autonomie für ihren Unterricht bekommen sollen, nicht aber die Direktoren. Das ist das falsche Ende der Fahnenstange.
Gründe: Lehrer sind dafür verantwortlich, dass der Lehrplan eingehalten wird. Sie sind auch für den Bildungsstand der Kinder verantwortlich, nicht der Direktor. Wenn die Kinder versagen, wird der Lehrer dafür zur Verantwortung gezogen, zumindest von den Eltern.
Sie sollten also die Schwerpunkte in ihrer Klasse bestimmen, denn sie kennen die Schwächen und Stärken ihrer Kinder besser, als jeder Direktor.
KEIN Direktor und keine Direktorin, weder in der Volksschule noch in den höheren Schulen sollten in den Unterrichtsstil Eines Lehrers eingreifen dürfen. Ausnahme: Gefährdung des Kindeswohls durch den Lehrer und seinen Unterricht.
Warum ich das alles weiß?
Ich bin wie viele andere, wie ich in meiner Gruppentherapie feststellen musste, Opfer von massivem Bossing geworden, da ich mich weigerte durch unsinnige Projekte noch mehr Druck auf meine SchülerInnen auszuüben. Ich war 22 Jahre Volksschullehrerin. Das war immer mein Traumberuf. Ich habe individuell unterrichtet, aber immer darauf geachtet, dass meine Schulkinder den vorgeschriebenen Stoff zumindest grundlegend beherrschen, um ihnen den Weg für die nächsthöheren Schulen zu erleichtern. Ich bin mit einigen noch immer in Verbindung. Sie haben heute alle einen Job.
Einige sind Mechaniker, Installateure, arbeiten als Ordinationshilfen, Zahnarzthelferinnen, Köche, Krankenpfleger und Friseure.
Einige studieren Biologie, Chemie, Pharmazie, Dolmetsch. Ich bin sehr stolz auf alle von ihnen, vor allem da ich fast 100% Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache unterrichtet habe.
Unsere Direktorin aber war für konstruktive Kritik nicht zugänglich.
Sie begann mich zu kritisieren, zu verunsichern, mir in den Unterricht dreinzureden. Nach 3 Nervenzusammenbrüchen musste ich schließlich aufgeben. Ich wurde in Pension geschickt:
Die Aussage der Amtsärztin: "Sie locken nicht einmal mehr eine Maus hinter dem Ofen hervor."
Mit ihrem neuen Gesetz bekommen solche DirektorInnen noch mehr Macht.
Sie können ihre Lehrer noch mehr unter Druck setzen.
Es wird zu noch mehr Burnouts kommen, da Menschen, die gegen ihre Überzeugung handeln müssen oder dazu gezwungen werden, krank werden.
Das habe ich am eigenen Leib erlebt. Ich fühlte mich, als hätte ich die Kinder verraten.

Als ich mich an die Gewerkschaft wandte, setzte mich auch der Inspektor unter Druck, da er meiner Direktorin mehr glaubte als mir.
Schließlich rief mich die Gewerkschaftsvertreterin nicht einmal mehr zurück. Denn auch sie wurde, wie ich vermute unter Druck gesetzt, da meine Direktorin auch Gewerkschafterin und Personalvertreterin war.
Wie sich das vereinbaren lässt, ist mir sowieso bis heute schleierhaft.

Haben Sie wirklich die Gefahren bedacht, die von zu viel Macht ohne Kontrolle ausgeht???
Ich ersuche Sie, darüber bitte noch einmal nachzudenken und diesen Punkt nachzubessern.

mit freundlichen Grüßen

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Kommentare: 2
  • #1

    nms leider (Donnerstag, 19 November 2015 20:11)

    Kann ihnen zum aufrechten Gang nur gratulieren.
    Das von ihnen erlittene Bossing und die Nichthilfe der dafür geschaffenen Institutionen und der Kollegenschaft
    machts ganz schlimm, ist aber leider genau so üblich.
    Kopf hoch ! "Ihre"Kinder und ihr gewissen sagen ihnen ob sie es richtig gemacht haben.
    Genießen sie die Pension.
    Alles Gute !

  • #2

    Christoph Maria Handlbauer (Montag, 30 November 2015 12:14)

    Genau darum geht es.
    Danke für Ihr Engagement.
    LG Christoph